Der Pfingstberg im Kalten Krieg

Von der Sehenswürdigkeit zum geheimen Ort

Zahlreiche Postkarten aus der Zeit um 1900 belegen, dass das Belvedere Pfingstberg damals beliebtes Potsdamer Ausflugsziel und Sehenswürdigkeit für die Brandenburger und Berliner ist. Beachtet der Besucher einige Regeln – etwa den Verzicht auf Tabak und das Mitbringen von Hunden – kann auch er in den Säulengängen lustwandeln und sich an der Aussicht erfreuen.

Postkartenmotive aus der Zeit um 1900, © Sammlung W. Hilbert

Im Jahre 1927 geht das gesamte Ensemble in die Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten über. 1936 wird das Belvedere Potsdam anlässlich der Olympischen Spiele in Berlin noch einmal renoviert – ansonsten ist über die Zeit während der Herrschaft der Nationalsozialisten jedoch nur wenig bekannt. Zugeschüttete Schützengräben in der Nähe weisen auf Kampfhandlungen zum Kriegsende hin, außerdem wurde der Pomonatempel als Aufenthaltsraum für die Flakwache genutzt. Den Zweiten Weltkrieg übersteht das Potsdamer Schloss fast unbeschadet, aber es zerfällt zunehmend.

Winston Churchill, Harry S. Truman und Josef Stalin im Garten des Schlosses Ceclienhof im Jahr 1945. Von Unbekannt oder nicht angegeben – U.S. National Archives and Records Administration, Wikimedia Commons

Zu viel schönste Aussicht: Das Schicksal des Aussichtsschlosses nach 1945

1945 findet nach Ende des Zweiten Weltkriegs in unmittelbarer Nähe des Belvedere, im Schloss Cecilienhof, die Potsdamer Konferenz statt. Die »Großen Drei«, der amerikanische Präsident Harry S. Truman, die britischen Premierminister Winston Churchill beziehungsweise Clement Attlee und der sowjetische Staatschef Joseph Stalin, beraten über die Zukunft Europas. In der Folge wird Deutschland in Ost und West geteilt, der Kalte Krieg beginnt.

Gesperrtes Terrain nach 1961, © Igor Pilatowitsch

Zwar bleibt das Potsdamer Schloss bis in die 1950er-Jahre öffentlich für Besucher zugänglich, doch mit dem Bau der Berliner Mauer 1961 ist auch das vorbei. Wegen der örtlichen Nähe und der guten Sicht auf die neuen innerdeutschen Grenzanlagen und die Militäranlagen der sowjetischen Garnison wird das Belvedere gesperrtes Terrain. Am Fuße des Pfingstbergs befindet sich außerdem seit 1945 das Militärstädtchen Nr. 7, in dem die sowjetische Spionageabwehr SMERSCH mit Untersuchungsgefängnis des KGB ansässig ist.

Belvedere in den 1980er-Jahren, © Igor Pilatowitsch

Ausflugsziel auch im Kalten Krieg

Damit wird das Belvedere endgültig zum verlassenen Ort. Die Witwe des letzten Kastellans zieht 1964 aus der Wohnung in der Nordfront des Belvedere aus. Zubetonierte Fenster und verbarrikadierte Türen demonstrieren Verlassenheit, die dem Vandalismus freien Lauf lassen. Auch Wegweiser oder Publikationen gibt es kaum. 1980 verschwindet das Pfingstbergensemble sogar aus dem Potsdamer Stadtplan.

Westturm Ende der 1980er-Jahre, © R. Rosenkranz

Alles in allem ist der Pfingstberg im Kalten Krieg deshalb kein Ort, den die Menschen bevorzugt aufsuchen – könnte die Annahme sein. Die Anziehungskraft des Ensembles ist aber weiterhin so groß, dass sich die Potsdamer auch trotz Sperrzone nicht davon abhalten lassen, Schloss und Gartenanlage zu besuchen – heimlich, trotz aller Gefahren. Diese liegen unter anderem auch darin, dass die Schlossruine nicht ab- und einsturzgesichert ist. Spuren hinterlassen in dieser Zeit vor allem die sowjetischen Soldaten: Ende der 1980er-Jahre sind die Schlosswände mit Namen und Jahreszahlen bemalt, von denen beim Wiederaufbau des Schlosses bewusst einige von ihnen erhalten werden.

Belvedere Ende der 1980er-Jahre, © Peter Frenkel

Junge Menschen engagieren sich Ende der 1980er-Jahre für das Ensemble

Es gibt zahlreiche Fotos von Zeitzeugen, vor allem aus den 1970er- und 1980er-Jahren, die belegen, dass dieser „geheime Ort“ in Potsdam von vielen Menschen weiterhin besucht wurde. Nicht zuletzt der Förderverein Pfingstberg hat darin auch seine eigene Geschichte. Engagierte junge Potsdamer wollen diesen einst schönsten Aussichtspunkt des Potsdamer Gartenreiches nicht mehr sich selbst überlassen und schließen sich unter dem Dach des Kulturbundes der DDR als Arbeitsgemeinschaft (AG) Pfingstberg zusammen. Die Parkanlage wird von Gestrüpp befreit, das östliche Rasenparterre und die Wege wieder freigelegt. Nach der Wiedervereinigung gelingt dem nun gegründeten Förderverein Pfingstberg in Potsdam e.V. die Einwerbung zahlreicher Spenden für Wiederaufbau und Sanierung des Belvedere.

Einen ausführlichen Überblick über das Pfingstberg-Ensemble erhalten Sie in der Dauerausstellung im Schloss Belvedere.